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Fakultät Physik

Teilchenphysik - hadronische Rekonstruktion

Unsere Arbeitsgruppe beschäftigt sich mit der Rekonstruktion und Analyse von Ereignissen mit hadronischen Endzuständen, die am ATLAS Experiment am Large Hadron Collider (LHC) aufgezeichnet werden, um die Vorhersagen des Standardmodells (theoretisches Modell zur Beschreibung von Elementarteilchen und ihren Wechselwirkungen) mit hoher Präzision zu testen und nach kleinsten Abweichungen zu suchen, die Hinweise auf neue Physik geben könnten.

ATLAS ist eines der vier großen Experimente am Large Hadron Collider (LHC) des Forschungszentrums CERN bei Genf. Im Zentrum des 44 m langen und 25 m hohen Detektors stoßen Protonen bei einer Schwerpunktsenergie von 13,6 TeV zusammen und geben Einblick in Prozesse, wie sie kurz nach dem Geburt des Universums stattfanden. Wir analysieren die am CERN aufgezeigneten Datenmengen in Dortmund mit komplexen Algorithmen, die unter anderem auf maschinellem Lernen basieren.

Computergeneriertes Bild des ATLAS Detektors © CERN
Computergeneriertes Bild des ATLAS Detektors.

Das Ziel unserer Arbeitsgruppe ist die Messung der Kopplung zwischen dem Higgs-Boson und dem Top Quark, dem schwersten Teilchen des Standardmodells. Die Kopplung ist von besonderem Interesse, da Abweichungen von den Vorhersagen auf neue Physik hinweisen können, die außerhalb der kinematischen Reichweite des LHCs liegt. Um möglichst sensitiv auch auf kleinste Abweichungen zu sein, misst unsere Gruppe die Top-Higgs Kopplung in bisher unerforschten Phasenräumen mit Hilfe von Jets mit hohen Energien.

© Eric Metodiev
Graphische Darstellung der Jet-Produktion. Ein Quark wird in einer pp Kollision erzeugt, strahlt Gluonen ab, die in sich in in ein Quark-Antiquark-Paar aufspalten können und anschließend Hadronisieren und im Detektor nachgewiesen werden.

Jets entstehen, wenn zum Beispiel Teilchen des Standardmodells hadronisch, d.h. in Quarks zerfallen. Die Rekonstruktion von hadronischen Zerfällen ist sehr komplex, da Quarks (und Gluonen) nicht als freie Teilchen im ATLAS Detektor beobachtet werden können (Confinement), sondern Hadronisieren und eine Vielzahl von farbneutralen Hadronen (Teilchen zusammengesetzt aus zwei oder drei (Anti-)Quarks) bilden. Der entstandene gebündelte Teilchenstrahl wird als Jet rekonstruiert.

Die Verwendung von hochenergetischen Jets ermöglicht es den Untergrund, der wesentlich größer als das Signal ist, signifikant zu unterdrücken, indem wir die innere Struktur der Jets, oder auch Substruktur, untersuchen. Anhand der Energieverteilung in den Jets können wir unter anderem auf ihren Ursprung schließen. Ein Jet, der den hadronischen Zerfalls eines Top-Quarks oder W-Bosons enthält hat eine andere Substruktur als ein Jet, der nur von einem einzelnen Quark oder Gluon initiiert wurde. Algorithmen, basierend auf maschinellem Lernen werden verwendet, um die Substruktur zu analysieren und den Ursprung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu bestimmen.

Das Bild auf der rechten Seite zeigt ein Ereignis, das am ATLAS Detektor aufgezeichnet wurde. Zwei Jets in entgegengesetzte Richtung können beobachtet werden, die mit hoher Wahrscheinlichkeit von den hadronischen Zerfällen von jeweils einem Z Boson stammen. Besonders die Energiedepositionen im elektromagnetischen Kalorimeter (dargestellt in grün) weisen eine Substruktur auf, die typisch für den Zerfall des Z Bosons in zwei Quarks ist. Man kann sich die beiden Stränge als jeweils ein Quark vorstellen.

© ATLAS Collaboration
Ereignis aufgenomment mit dem ATLAS Detektor bei einer Schwerpunktsenergie von 13 TeV: Zwei large-R Jets wurden rekonstruiert.

Die präzise Auflösung der Energieverteilung in den Jets ist jedoch schwierig auf Grund der hohen Kollisionsrate am LHC und den überlappenden Kalorimetersignalen von verschiedenen Kollisionen. Unsere Gruppe beschäftigt sich mit der Entwicklung von neuen Algorithm, die auf Maschinellem Lernen basieren, zur Verbesserung der Rekonstruktion von hadronischen Signalen im Kalorimeter insbesondere im Hinblick auf den High-Luminosity LHC.

Unsere Arbeitsgruppe beschäftigt sich auch noch mit vielen weiteren Aspekten der Rekonstruktion und Kalibration von Jets, die nötig sind bevor Jets in Präzisionsanalysen oder suchen nach neuer Physik verwendet werden.

Besonders der Vergleich von Monte Carlo simulierten Daten mit den echten Daten des LHCs weisen häufig große Unterschiede auf und resultieren in großen systematischen Unsicherheiten. Wir führen hierzu Präzissionsmessungen mit hadronische Endzustände durch, die in Zukunft dazu verwendet werden sollen die Monte Carlo Generatoren zu tunen. Eine präzise Beschreibung des Standardmodells durch Monte Carlo Generatoren ist besonders wichtig, um kleinste Hinweise auf neue Physik entdecken zu können.

Gefördert durch: Emmy Noether Programm: DFG 1469666862